Mitten in der Corona-Welle in China hat die nationale Gesundheitskommission die tägliche Veröffentlichung von Infektions- und Totenzahlen eingestellt. Relevante Informationen würden nun vom Zentrum für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten veröffentlicht und dienten Referenz- und Forschungszwecken, teilte die Kommission mit. Wie häufig dies geschehen soll, blieb offen. Auch Gründe für den Schritt wurden nicht genannt. Das Zentrum für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten teilte etwas später mit, für das Festland seien am Samstag wie bereits am Tag zuvor keine neuen Todesfälle verzeichnet worden.
Null-COVID-Politik aufgegeben
In China grassiert die Omikron-Variante des Virus, nachdem die Regierung ihre strikte Null-COVID-Politik abrupt aufgegeben und strenge Testbestimmungen und Reisebeschränkungen aufgehoben hat. Das Gesundheitssystem ist jedoch nicht ausreichend auf die Infektionswelle vorbereitet. Krankenhäuser sind überfüllt, in Apotheken fehlen Medikamente. Auch Krematorien und Bestattungsinstitute haben wegen steigender Totenzahlen offenbar Probleme. Die Situation dürfte sich verschlechtern, wenn im Januar das chinesische Neujahrsfest gefeiert wird und zahlreiche Menschen zu ihren Familien reisen.
Die strengen Reisebeschränkungen wurden aufgehoben – trotzdem wird, wie hier am Flughafen in Peking, kontrolliert
Internetnutzer äußern sich kritisch
Bei Internetnutzern wurde die Ankündigung, keine Zahlen mehr zu veröffentlichen, zynisch kommentiert. “Das war das beste und größte Büro für gefälschte Statistiken im Land”, schrieb ein Nutzer im Onlinedienst Weibo über die Behörde, die bisher die offiziellen Corona-Daten veröffentlicht hatte. Ein weiterer schrieb: “Endlich wachen sie auf und merken, dass sie die Menschen nicht mehr täuschen können.”
Die Gesundheitskommission hatte schon vor ihrem Veröffentlichungsstopp an vier Tagen in Folge landesweit keinen einzigen neuen Todesfall gemeldet und zuletzt am Samstag 4128 neue Infektionsfälle mit Symptomen registriert. Die niedrigen Zahlen kommen deshalb zustande, weil China seine Definition für die Meldung von Todesfällen eingeengt hat und nur noch durch das Virus verursachte Lungenentzündungen und Atemversagen zählt.
COVID-Infizierte müssen wegen Platzmangel in die Flure der Krankenhäuser gelegt werden
Experten gehen von über einer Million täglichen Neuinfektionen aus
Weltweit sehen dies Gesundheitsexperten kritisch. So teilte das in Großbritannien ansässige Gesundheitsdatenunternehmen Airfinity diese Woche mit, die tatsächliche Zahl der Neuinfektionen in China liege wahrscheinlich bei mehr als einer Million pro Tag, die der Todesfälle bei mehr als 5000. Dies stehe im “starken Gegensatz” zu den offiziellen Daten.
Diese sind immer weniger verlässlich geworden. Nachdem Ende November Rekorde bei den Fällen verzeichnet worden waren, hörte die Gesundheitskommission im Dezember auf, asymptomatische Fälle zu melden. Dadurch wurde es schwieriger, die Infektionsfälle zu verfolgen. Zudem wird infolge der Lockerungen deutlich weniger getestet.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat seit den Lockerungen keine Daten zu Krankenhausaufenthalten mehr erhalten. Dies ist laut WHO möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die Behörden der Volksrepublik Schwierigkeiten haben, Fälle zu zählen.
as/sti (rtr, afp)