Das Wichtigste in Kürze:
- Finnland setzt auf Flüssiggas
- Gazprom räumt Schwierigkeiten ein
- Selenskyj spricht über Wiederaufbau
- Russlands Außenminister Lawrow: Verbalattacke gegen den Westen
- Cherson wieder unter russischem Raketenbeschuss
Ein fast 300 Meter langes Terminalschiff zur Gasversorgung von Finnland und Estland ist an der finnischen Südküste eingetroffen. Das schwimmende Flüssiggas-Terminal “Exemplar” wurde von Schleppern in den Hafen der Küstengemeinde Inkoo bei Helsinki begleitet, wie Aufnahmen finnischer Medien und Positionsdaten zeigten.
“Das schwimmende Terminalschiff hat sich als die schnellste und effizienteste Lösung erwiesen, um die Abhängigkeit Finnlands von russischem Gas schrittweise zu verringern und die Kontinuität der Gasversorgung in Finnland zu gewährleisten”, erklärte der staatliche Betreiber Gasgrid.
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine suchen die europäischen Staaten nach Alternativen zu Pipeline-Gas aus Russland. Finnland erhält seit Mai kein russisches Gas mehr. Laut dem russischen Konzern Gazprom deckten dessen Lieferungen im vergangenen Jahr rund ein Drittel des finnischen Gasbedarfs. Allerdings war Finnland bislang nur zu acht Prozent auf Gas als Energiequelle angewiesen.
Gazproms “sehr schwieriges Jahr”
Der Chef des staatlichen russischen Gaskonzern Gazprom hat Schwierigkeiten seines Unternehmens infolge des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine eingestanden. “Ich möchte gleich betonen, dass sich 2022 natürlich als sehr, sehr schwierig erwiesen hat”, sagte Alexej Miller am Mittwoch bei einer Pressekonferenz zum Jahresende in Moskau. Es habe “radikale Veränderungen” auf den Energiemärkten gegeben.
eindringliche Worte von Präsident Selenskyj zum Jahresende an das Parlament
Selenskyj will Inverstoren anlocken
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Wiederaufbau der Ukraine nach dem russischen Angriffskrieg als größtes Wirtschaftsprojekt Europas bezeichnet. Bei einer Rede im Parlament in Kiew forderte Selenskyj die Abgeordneten Medien zufolge zur Ausarbeitung von Gesetzen auf, die Unternehmer und Investoren anlocken. Nach Angaben der Präsidialverwaltung hielt Selenskyj zum Thema Wiederaufbau des Landes auch eine Videokonferenz mit dem Chef der Investmentgesellschaft Blackrock, Larry Fink.
Es müsse auch gelingen, die ins Ausland geflohenen Ukrainer wieder ins Land zurückzuholen, sagte Selenskyj. Die Ukraine sei zu einer Anführerin der freien Welt geworden. Sie habe dem Westen geholfen, wieder zu sich zu finden. “Der Westen hat aufgehört, vor Russland Angst zu haben”, so Selenskyj.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht die USA als Hauptschuldigen und zugleich größten Nutznießer des Ukraine-Kriegs
Lawrow attackiert den Westen
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat angekündigt, dass Moskau in seinen Beziehungen zu den USA wieder das Prinzip der “friedlichen Koexistenz” aus den Zeiten des Kalten Kriegs anwenden werde. Als Grund nannte er in einem Interview mit der russischen Staatsagentur Tass “offen feindselige Aktionen Washingtons”. Nach Ansicht Lawrows sind die Vereinigten Staaten Hauptschuldige und zugleich größte Nutznießer des Ukraine-Konflikts. Strategisches Ziel der USA und ihrer Verbündeten in der NATO sei ein “Sieg über Russland auf dem Schlachtfeld”, um Russland zu schwächen oder gar zu vernichten.
Die USA tue alles, um den Konflikt zu verschärfen, behauptete der 72-Jährige unter Verweis auf geleistete Militärhilfe für die Ukraine. Der Regierung in Kiew warf Lawrow vor, zu versuchen „die Amerikaner und andere NATO-Mitglieder tiefer in den Strudel des Konflikts zu ziehen, in der Hoffnung, einen überstürzten Zusammenstoß mit der russischen Armee unvermeidlich zu machen”. Er kritisierte außerdem, dass der Westen ständig spekuliere, dass Russland kurz davor stehe, Atomwaffen gegen die Ukraine einzusetzen. Tatsächlich hatte Russlands Präsident Wladimir Putin als Erster den möglichen Einsatz von Atomwaffen angedeutet und die nukleare Bedrohung ins Spiel gebracht.
Den USA warf Russlands Chefdiplomat zudem vor, angeblich die Tötung Putins zu planen – ohne jedoch Belege anzuführen. In seinem Rundumschlag gegen alle “Unfreunde” Moskaus sah Lawrow zudem die Beziehungen Russlands zur EU auf einem “historischen Tiefpunkt”. Brüssel habe, den USA und der NATO folgend, seinem Land den hybriden Krieg erklärt, so Lawrow. Russland sei jedoch für eine Wiederherstellung der Beziehungen mit der EU bereit, wenn dort der “russophobe Wahn” vorbei sei.
Cherson wieder unter russischem Raketenbeschuss
Aus der südukrainischen Stadt Cherson, die von der ukrainischen Armee im vergangenen Monat zurückerobert worden war, werden neue russische Angriffe gemeldet. Die russischen Streitkräfte hätten innerhalb von 24 Stunden bis zum frühen Mittwochmorgen 33 Raketen auf zivile Ziele in der Regionalhauptstadt abgefeuert, teilt der ukrainische Generalstab mit. Zudem seien bewohnte Gebiete am rechten Ufer des Flusses Dnipro mit Mörsern und Artillerie beschossen worden.
An der Front im Osten der Ukraine tobten die schwersten Kämpfe weiter um die Stadt Bachmut, die seit Monaten massiv von russischen Truppen angegriffen wird. Auch weiter nördlich in den Städten Swatowe und Kreminna gibt es Gefechte. Hier versuchen die ukrainischen Streitkräfte russische Stellungen zu durchbrechen. Der Frontverlauf habe sich kaum verändert, aber der russische Druck habe sich erhöht, weil Russland zusätzliche Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Soldaten in die Kampfgebiete verlegt habe, sagt der ukrainische Militäranalyst Oleh Schdanow.
Selenskyj: Italien prüft Lieferung von Flugabwehrsystemen
Laut dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj prüft die italienische Regierung derzeit die Lieferung von Flugabwehrsystemen für die Ukraine. “Ich glaube, dass die italienische Unterstützung es uns ermöglichen wird, die Verteidigung des ukrainischen Luftraums zu stärken”, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache, in der er über ein Gespräch mit Italiens Premierministerin Giorgia Meloni berichtete. Nach dem Sieg des Rechtsbündnisses in Italien im Herbst wurde darüber spekuliert, ob das Land seine Unterstützung für die Ukraine einstellen würde.
Kiew: Orthodoxe Kirche soll Putin zum Teufel zu erklären
Im Streit um einen Verbleib der orthodoxen Kirche im weltbekannten Kiewer Höhlenkloster hat die ukrainische Führung die Kirche mit Nachdruck aufgefordert, sich von Moskau zu distanzieren. “Wenn ihr keine Beziehungen zu Russland habt, dann sagt Euch offiziell los, sagt, dass (Wladimir) Putin der Satan ist”, forderte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, im Fernsehen von der ukrainisch-orthodoxen Kirche. Auch der Moskauer Patriarch Kirill sei ein Teufel, fügte Danilow hinzu.
Der Mietvertrag der ukrainisch-orthodoxen Kirche für das Höhlenkloster in Kiew wurde zum Jahreswechsel gekündigt
Bis Mai war die ukrainisch-orthodoxe Kirche dem Moskauer Patriarchat unterstellt. Damals hatte sich die ukrainisch-orthodoxe Kirche offiziell von Moskau losgesagt und den von Kremlchef Putin befohlenen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verurteilt. Allerdings verdächtigen die ukrainischen Behörden die Kirche weiterhin der Kollaboration mit Moskau. Mehrfach wurden Räumlichkeiten der Organisation durchsucht. Der Mietvertrag der Kirche für das Höhlenkloster in Kiew wurde zum Jahreswechsel gekündigt.
Kiew muss ganzen Winter mit plötzlichen Stromausfällen rechnen
Die Bewohner Kiews müssen laut Stadtverwaltung bis zum Ende des Winters immer wieder mit plötzlichen Notabschaltungen rechnen. “Unter diesen Gegebenheiten werden wir den ganzen Winter leben müssen”, sagte der Vizechef der Stadtverwaltung, Petro Panteljejew, im ukrainischen Fernsehen. Die Stromversorgung in Kiew ist wie in anderen ukrainischen Städten auch nach den russischen Raketenangriffen massiv beeinträchtigt. Die Elektriker arbeiteten rund um die Uhr daran, das System wieder zu reparieren, doch die Lage bleibe schwierig, räumte Panteljejew ein.
Seit Oktober greift Russland die ukrainische Infrastruktur für die Energieversorgung immer wieder mit Raketen an. Die Gefahr weiterer Angriffe bleibe akut, warnte der ukrainische Generalstab in seinem jüngsten Lagebericht. Premierminister Denys Schmyhal hatte zuvor erklärt, dass die Ukraine die Silvesternacht ohne Notabschaltungen verbringen könne, wenn es keinen weiteren Beschuss gebe. Die Gefahr, dass das russische Militär erneut Objekte der Stromversorgung in der Ukraine ins Visier nehme, sei allerdings groß, räumte er ein.
fab/ww/uh/pgr (dpa, afp, rtr)