Die Türkei sieht die Voraussetzungen für den geplanten NATO-Beitritt Schwedens weiter nicht erfüllt. Außenminister Mevlut Cavusoglu warf der Regierung in Stockholm vor, “Terroristen” nicht ausgeliefert zu haben. Zudem habe Schweden deren Vermögenswerte nicht wie gewünscht eingefroren, kritisierte Cavusoglu bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem schwedischen Außenminister Tobias Billström in Ankara.
Billström betonte hingegen, Schweden habe konkrete Schritte unternommen, um die Forderungen der Türkei zu erfüllen. So habe sein Land im Juni in einer Vereinbarung unter anderem einen verstärkten Kampf gegen Terrorismus zugesagt. Billström sagte: “Schweden hält seine Versprechen. Wir nehmen die Vereinbarung ernst.” Er verwies zudem auf getroffene und noch anstehende Gesetzesänderungen in Bezug auf Terrorismus.
“Wir sind noch nicht bei der Hälfte angelangt”
Cavusoglu entgegnete, zwar erkenne er die Bemühungen an. Es müssten aber noch viel mehr Schritte ergriffen werden. Cavusoglu wörtlich: “Wir sind noch nicht bei der Hälfte angelangt, wir stehen erst am Anfang.”
Der türkische Journalist Bülent Kenes darf vorerst weiter im Exil in Schweden leben
Der Oberste Gerichtshof in Schweden hatte am Montag die Auslieferung des Journalisten Bülent Kenes gestoppt. Er lebt im schwedischen Exil und wird von der Regierung in Ankara beschuldigt, an dem Putschversuch im Jahr 2016 beteiligt gewesen zu sein. Cavusoglu sagte, die Gespräche mit Schweden seien grundsätzlich konstruktiv. “Aber die Entscheidung gegen die Ausweisung von Kenes hat diese Atmosphäre leider schwer vergiftet.” Billström verwies seinerseits auf die Unabhängigkeit schwedischer Gerichte.
Türkei will Anhänger von PKK und Gülen
Als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine hat Schweden gemeinsam mit Finnland einen NATO-Beitritt beantragt. Dazu sind sie auf die Zustimmung aller Bündnismitglieder angewiesen. Die Türkei fordert dafür aber unter anderem, dass die beiden nordischen Staaten keine Menschen mehr im Land dulden, die von Ankara als Terroristen angesehen werden, sondern diese ausliefern. Ankara verlangt in diesem Zusammenhang die Auslieferung zahlreicher Exilanten.
Dabei verweist die Türkei auf die Mitglieder der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und Anhänger des Predigers Fethullah Gülen, der laut der Regierung hinter dem gescheiterten Putsch gestanden haben soll. Schweden und auch Finnland bestreiten, Extremisten Unterschlupf zu gewähren.
sti/gri (dpa, rtr)