Ein Fan hat ihm vielleicht das Leben gerettet. Als der australische Schwimmer Mackenzie James Horton – genannt “Mack” – bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 Gold über 400 Meter Freistil gewinnt, ist an seinem Oberkörper ein Leberfleck sichtbar, der sich bereits verändert hat. Der Leberfleck ist nicht nur dunkler geworden, sondern hat auch seine Form verändert – typische Merkmale von Hautkrebs. Der Fan, dem das bei Ansicht der Bilder von Horton aufgefallen war, schrieb eine Mail an den Arzt des Goldmedaillengewinners. Mack Horton reagierte, ließ den Leberfleck untersuchen und anschließend entfernen.
Der Profischwimmer hat wie der deutsche Fußball-Nationaltorhüter Manuel Neuer einen hellen Hauttyp. Wenn Menschen mit diesem Hauttyp lange intensiver Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, können dies eine Überdosis an UV-Strahlung bedeuten, was das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, steigert.
Sport allein schützt nicht vor Krebs
Wer Sport treibt, egal ob als Profi oder als Freizeitsportler, setzt dadurch Schutzstoffe im Körper frei. Diese körpereigenen Antioxidantien fangen krebserregende Stoffe, sogenannte freie Radikale, ab und bilden einen Schutzwall, der das Erbgut vor Eindringlingen abschirmen kann. Auch andere Faktoren wie gesunde Ernährung mit pflanzlicher Kost gepaart mit Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D können vor Krebs schützen. Eine vollständige Garantie gibt es aber nicht. Dazu kommt die erbliche Veranlagung, die jeder Mensch als individuellen Risikofaktor mitbringt.
Dermatologin Dr. Yael Adler warnt vor UV-Strahlung
Dies zeige sich am Beispiel Hautkrebs sehr deutlich, sagt die Dermatologin und Bestsellerautorin Dr. Yael Adler gegenüber der DW. Mack Horton und Manuel Neuer treiben Leistungssport und ernähren sich als Profis sehr gesund. “Wenn aber ein so starkes ‘DNA-Gift’ wie die UV-Strahlung der Sonne auf die Zellen trifft, dann kann der ‘körpereigene Reparaturservice’ trotzdem versagen und man bekommt Krebs”, erklärt Adler. Bei beiden Profisportlern kommt zudem der helle Hauttyp als Nachteil hinzu, “der von Natur aus weniger Schutzmechanismen hat”.
Wie entsteht Hautkrebs?
Entscheidend für die Entstehung von Hautkrebs sind Intensität, Dauer und Häufigkeit der Sonneneinstrahlung. “Wer als Kind beispielsweise häufig einen Sonnenbrand hatte, trägt ein deutlich höheres Risiko, an Hautkrebs zu erkranken”, sagt der ehemalige Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), Professor Alexander Enk der DW. Er erklärt, dass nicht nur die UV-B-Strahlung der Sonne, die bis zur untersten Schicht der Oberhaut durchdringt, die Haut schädige.
Auch die UV-A-Strahlung, die deutlich tiefere Hautschichten erreicht, sei maßgeblich beteiligt, vor allem wenn es um den schwarzen Hautkrebs geht. “Sie dringt tiefer in die Haut ein und lässt sie schneller altern, denn die kollagenen Fasern werden zerstört. Freie Radikale dringen so in das Gewebe und gehen an das Erbgut”, erklärt Enk. Außerdem könne die UV-A-Strahlung die Tumorabwehr unterdrücken.
Gefährliche Hautveränderungen
Manuel Neuer mit einem Pflaster im Nasenbereich, wo er operiert wurde
Aber woran erkennt man Hautkrebs? Dermatologen sich einig: Alles, was sich an der Haut verändert – egal ob hinsichtlich Farbe oder Form – sollte umgehend von einem Arzt untersucht werden. Dazu muss man seinen eigenen Körper gut kennen. “Aber auch den seines Partners oder seiner Partnerin”, sagt Yael Adler. Ihr Motto: “Bei der Liebe auch mal das Licht anlassen. Dann fallen einem Stellen auf, die sich verändert haben.”
Auch Manuel Neuer rief nach Bekanntwerden seiner Hautkrebserkrankung zu Achtsamkeit auf: “Wenn jemand einen komischen Fleck hat, dann lieber einmal mehr was sagen, als jemanden nicht anzusprechen.” Der 36-jährige Fußball-Nationaltorhüter hatte im November öffentlich gemacht, dass er bereits drei Mal wegen Hautkrebs operiert werden musste. Der Krebs hatte sich neben seiner Nase entwickelt. Eine prädestinierte Stelle, die der Sonne häufig ausgesetzt ist. Mittlerweile ist Neuer geheilt und unterzieht sich im Halbjahresrhythmus einer Nachkontrolle.
Sonnenschutz für Sportler
Besonders Sportler, die vorwiegend draußen trainieren und Wettkämpfe bestreiten, benötigen einen besonderen Schutz. Zum Beispiel im Tennis, wo Top-Spielerinnen wie Angelique Kerber stundenlang auf dem Platz und somit in der Sonne sind. Kerber leidet unter einer sonnenbedingten Hyperpigmentierung und ist der gefährlichen UV-Strahlung berufsbedingt intensiv ausgesetzt, wenn sie trainiert und Turniere spielt. Genauso trifft es Segler, Radsportler, Läufer und eben Fußballer wie Manuel Neuer.
Tennisprofis wie Angelique Kerber spielen teilweise stundenlang am Stück in der Sonne
Professor Alexander Enk vom Universitätsklinikum Heidelberg rät deshalb generell, die Mittagssonne zu meiden. Trainings- und Wettkampfzeiten sollten aus seiner Sicht dann stattfinden, wenn die Sonnenintensität nicht mehr ganz so hoch ist. Außerdem empfiehlt Enk Sonnenschutzkleidung. “Entsprechende Textilien schützen noch besser als diverse Sonnencremes.” Vorbild ist für Enk hierbei Australien: “Dort gibt es die höchste Sonneneinstrahlung weltweit. Da ist es Pflicht, den UV-Schutzfaktor auf der Kleidung anzugeben.” Am besten seien Trikots und Trainingshosen, die getestet sind und ein Prüfsiegel tragen. Bei Golfern sei das längst Usus, “weil auch sie der Sonne häufig lange ausgesetzt sind”.
Hautkrebs auf dem Vormarsch
Dass Hautkrebs durch Manuel Neuer, der in der Öffentlichkeit steht und als Vorbild gilt, in den Fokus gerückt ist, sei gewissermaßen ein Glücksfall, sagt Enk. Seit Jahrzehnten sei die Deutsche Dermatologische Gesellschaft bemüht, die öffentliche Aufmerksamkeit auf Hautkrebs zu lenken. Aufklärungskampagnen, unterstützt von Bundesregierung und Fachverbänden, würden aber nicht fruchten, weil der braune Teint noch immer als Schönheitsideal gelte. Das erklärt die steigende Inzidenz von hellem Hautkrebs. Nach der Statistik der deutschen Krankenkassen stieg sie zwischen den Jahren 2010 und 2020 um 91 Prozent. Beim Melanom, dem schwarzen Hautkrebs, waren es im gleichen Zeitraum 45 Prozent Steigerung.
Seit knapp acht Jahren ist Hautkrebs auch als Berufskrankheit bei der gesetzlichen Unfallversicherung VBG anerkannt. Spitzensportler werden von von der VGB bei den gefährdeten Berufsgruppen jedoch nicht explizit aufgeführt. Dabei betrifft gerade Sportler, die ihren Sport überwiegend draußen ausführen, das “Berufsrisiko Hautkrebs”. Umso wichtiger ist es also für Sportler, sich ausreichend zu schützen und regelmäßig zur Kontrolle zu gehen. Und: bei Berufskollegen auch mal genauer hinschauen und darauf hinweisen, wenn Veränderungen der Haut sichtbar sind. Im Zweifel kann das, wie vermutlich bei Mack Horton Leben retten.