Zwei Millionen PCR-Tests in einer Woche – das war die Bilanz der 182 Labore, die im Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM e.V.) zusammengeschlossen sind. In der zweiten Januarwoche wurde damit die bislang höchste Anzahl von PCR-Tests seit Ausbruch der Corona-Pandemie gemessen, ein Anstieg um 40 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. Mehr als 486.000 Tests wiesen in den sieben Tagen eine Infektion nach. Damit hatte sich also jeder vierte Getestete mit dem Virus angesteckt.
In dieser dritten Woche des neuen Jahres wurden bei den PCR-Tests neue Rekorde erreicht und für die kommenden Wochen wird ein weiterer Anstieg dieser Zahlen befürchtet. Denn, so die einhellige Meinung der Experten, der Scheitel der Omikron-Welle ist in Deutschland noch nicht erreicht. Doch langsam werden die Tests knapp und die Kapazitäten der Labore stoßen an ihre Grenzen. Könnte es in den nächsten Wochen einen kritischen Mangel geben?
In den Teststationen, wie hier in Hannover, arbeiten die Mitarbeiter durch die Omikron-Welle am Limit
“Es hängt davon ab, ob alle Mitarbeitenden weiterhin gesund bleiben, nicht infiziert werden und nicht in Quarantäne müssen. Diese Einflussfaktoren kann ich nicht voraussehen”, so Michael Müller, Laborarzt und Vorstandsvorsitzender des Verbands der Akkreditierten Labore in der Medizin. Er setzt auf die neue nationale Teststrategie, die vorsieht, die PCR-Tests zu priorisieren und den Beschäftigten im Gesundheitswesen bevorzugten Zugang zu gewähren.
Neue Teststrategie für PCR-Tests
Bis zum Wochenende will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Beschlussvorlage erarbeiten, die dann in der Ministerpräsidentenkonferenz zu Beginn der kommenden Woche beraten und beschlossen werden soll. Bisher habe man ausreichend Testkapazitäten gehabt, für die Zukunft sehe er hier wegen der rapide steigenden Infektionszahlen jedoch Probleme.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach fordert eine neue Strategie für die begehrten PCR-Tests
Darum sei es wichtig, die Tests vor allem denen vorzubehalten, die mit vulnerablen Personengruppen arbeiten. “Ganz klar, dass die Krankenhausbeschäftigten, die Pflegebeschäftigten, die Menschen in der Eingliederungshilfe und der Behindertenpflege berücksichtigt werden. Und wir müssen insbesondere darauf achten, dass diese Leute, wenn sie aus der Isolation an den Arbeitsplatz zurückkommen, nicht mehr ansteckend sind und Schutzbedürftige anstecken”, so Lauterbach.
Antigen-Tests bleiben wichtig
Anderen Bürgern werde man abraten, einen PCR-Test zu machen, um die beschränkten Kapazitäten nicht zu überstrapazieren. Sie könnten ihren Gesundheitsstatus aber weiterhin mit einem Antigen-Schnelltest überprüfen. Auch AML-Chef Müller sieht für nicht-priorisierte Gruppen in der Bevölkerung durch die neue Regelung kein erhöhtes Risiko, sich zu infizieren oder eine Infektion weiterzugeben.
Positiver Antigen-Schnelltest – Testzentrum in Hanau
“Wenn alle Menschen auf ihr eigenes Verhalten achten, also Masken tragen, Abstand halten, Kontakte reduzieren, bei Symptomen zuhause bleiben, sich isolieren und ihre Kontakte informieren, dann ist das Risiko, eine Infektion zu bekommen oder weiterzugeben, niedrig.” Diese Regeln müssten in der aktuellen Lage bei den hohen Infektionszahlen besonders gelten.
Testkapazitäten in der Hauptstadt am Limit
In Berlin führten die hohen Infektionszahlen in der letzten Woche zu langen Schlangen vor den landeseigenen Teststellen. Viele Menschen wollen sich nach überstandener Infektion freitesten lassen oder sich Gewissheit verschaffen, ob sie infiziert sind. “Die Testkapazitäten, die für Delta ausreichend waren, sind für Omikron nicht ausreichend”, sagte die Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey (SPD) bei einer Pressekonferenz Mitte der Woche. Es bestehe großer Nachsteuerungsbedarf. Erste Schritte habe man bereits eingeleitet.
Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey. Auch in der Hauptstadt sind die PCR-Tests knapp
Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) ergänzte, dass man sich derzeit darum bemühe, die Kapazitäten zu erhöhen. Dies stoße bei den PCR-Tests allerdings an Grenzen. “Das liegt daran, dass dahinter auch Laborkapazitäten stehen, die ja auch ausgebaut werden müssen. Das sind einfach Flaschenhälse noch im Hintergrund, die wir nicht so gut steuern können.”
Auch Berlin setzt auf Priorisierung
In der zweiten Januarwoche wurden in der Hauptstadt insgesamt fast 47.000 Tests durchgeführt, die Mehrzahl in den landeseigenen Testzentren. Dort sind die PCR-Tests kostenlos, wenn man auf der Corona-App eine Warnung bekommen hat, dass man sich in der Nähe von infizierten Personen aufgehalten hat oder wenn man sich nach einer Infektion aus der Quarantäne befreien will.
Täglich zwölf Stunden geöffnet – ein Corona-Testzentrum in Berlin
Bei gewerblichen Anbietern dagegen sind nur die Schnelltests kostenlos. Für PCR-Tests muss man bezahlen, wobei die Preise stark variieren, je nachdem, für welchen Zweck man den Test benötigt. Auch in Berlin setzt man daher nun auf die Priorisierung der PCR-Tests, um die Lage zu entspannen und die Labore nicht zu überlasten.
Labore sollen entlastet werden
Michael Müller, Chef des Verbands der Akkreditierten Labore in der Medizin, erinnert daran, dass in den Laboren nicht nur Corona-Tests gemacht werden, sondern gleichfalls andere wichtige medizinische Tests. “Entscheidend ist ja, dass verstanden wird, dass in den Laboratorien neben der Corona-Diagnostik alle anderen Erkrankungen ja auch untersucht werden, Diabetes und andere Krankheiten, und auch dafür werden die Beschäftigten dringend benötigt.”
“Wir haben fantastische Mitarbeiter, die wir schützen müssen” – Michael Müller
Müllers Empfehlung daher: Neuinfektionen vermeiden, durch Impfung, durch Boostern und durch die Einhaltung der Hygieneregeln. Dies führe dann letztlich auch zu einer Entlastung der Labore, der Arztpraxen und der Krankenhäuser.