An Nachrichten über das weltweite Artensterben sind wir mittlerweile fast gewöhnt. In den nächsten Jahrzehnten sind laut eines UN-Berichts mindestens eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Aber es gibt nicht nur schlechte Nachrichten! In den Ländern rund um den Mekong in Südostasien wurden innerhalb eines Jahres mehr als 220 neue Tier- und Pflanzenarten entdeckt.
Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten “New Species Disoveries In The Greater Mekong 2020”-Bericht der Naturschutzorganisation WWF hervor. Der Report über das vorletzte Jahr, der mit etwas Verspätung erscheint, listet neue Arten auf, die in Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam entdeckt wurden.
Insgesamt stießen Forschende auf 224 neue Arten: 155 Pflanzen, 35 Reptilien, 17 Amphibien, 16 Fische und ein Säugetier.
“Die Region um den Mekong ist einer der wichtigsten Hotspots für Biodiversität auf unserem Planeten. Das geht auch aus der endlosen Anzahl neuer Arten hervor, die dort jedes Jahr entdeckt werden”, schreibt Thomas Ziegler, außerplanmäßiger Professor am Institut für Zoologie der Universität Köln im Vorwort des Berichts.
Seit 1997 haben Forschende in der Mekong-Region insgesamt 3007 neue Tier- und Pflanzenarten entdeckt.
Der neu entdeckte Zweifarben-Gecko ist ein Meister der Tarnung
Affe, Gecko und Frosch unter den Neuentdeckungen
Bei dem einzigen Säugetier auf der Liste handelt es sich um den “Museumslangur”, eine Popa-Langurenart (zu sehen auf unserem Artikelbild). Streng genommen ist Trachypithecus popa keine neu entdeckte Art. Er wurde von Forschenden zwar in freier Wildbahn gesichtet und beschrieben.
Dass es sich tatsächlich um eine eigene Art handelt, wurde aber erst festgestellt, nachdem kürzlich eingesammelte Knochen des Tieres mit denen eines 100 Jahre alten Skeletts aus dem Natural History Museum London genetisch verglichen wurden. Bis zur aktuellen Entdeckung waren Experten davon ausgegangen, die Affenart sei ausgestorben. Auch jetzt ist sie bedroht – Experten gehen davon aus, dass nur noch 200 bis 250 Exemplare existieren.
Neu entdeckt wurde der Zweifarben-Gecko. Forschende fanden den Gecko Cnemaspis selenolagus in Thailand. Aufgrund seiner Färbung ist er ideal zwischen Flechten und Moosen, in Felsspalten oder auf Ästen getarnt.
Auch der Schaufelfußfrosch kam 2020 neu hinzu. Mit seiner mondsichelförmigen Iris unterscheidet er sich von anderen rotäugigen Fröschen in Vietnam und Kambodscha. Die neue Art könnte aber bald schon wieder verschwunden sein – der Lebensraum des Frosches ist von Rodung und Landwirtschaft stark bedroht.
Ebenfalls neu entdeckt: Der Schaufelfußfrosch, oder Leptobrachium Iunatum.
“Ein wertvolles und begrenztes Geschenk”
Der WWF-Report soll zum Artenschutz beitragen. “Die Entdeckung und Beschreibung neuer Arten ist nur der erste Schritt”, schreibt Ziegler. Als nächstes müsse gehandelt werden, damit Arten wie der Museumslangur und der Schaufelfußfrosch nicht kurz nach ihrer Entdeckung aussterben.
“Berichte wie dieser sind von enormer Wichtigkeit, um die Menschen über die Artenvielfalt unseres Planeten, die ein wertvolles und begrenztes Geschenk ist, zu informieren”, so Ziegler. “Wir alle müssen lernen, vorsichtiger zu sein und mit den anderen Kreaturen auf unserem Planeten zusammen zu leben.”
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Rüsseltiere in größter Not
Knochenfunde zeigen: Die Saiga-Antilope gab es schon in der letzten Eiszeit. Getötet werden die geselligen Huftiere wegen ihrer gedrehten Hörner, aus dem Glauben heraus, dass sich daraus Pulver mit Heilkraft produzieren lässt. Die wenigen Tiere in Zentralasien kommen mehrere Tage ohne Wasser aus, können schwimmen, schnell lange laufen und sind unentbehrlich für den Erhalt der halbfeuchten Steppen.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Von wegen Miezekatze!
Der Eurasische Luchs mit seinen ausgeprägten Ohrpinseln ist nach Braunbär und Wolf das größte heimische Landraubtier und ebenso selten. Er hört angeblich eine Maus in 50 Metern Entfernung. Die Jagd auf Nutztiere wurde der Großkatze in den vergangenen Jahrhunderten allerdings zum Verhängnis. Sie wurde gnadenlos ausgerottet. Heute werden seltene, ausgewilderte Luchse meist Opfer im Straßenverkehr.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Schwergewichte und leichte Mädchen
Männliche Seeelefanten wiegen zehnmal mehr als Weibchen. Im Wasser sind die Säuger allein unterwegs. Mit dem Rüssel vertreiben die Bullen Nebenbuhler. An Land ist das Leben mühsam, da sie sich robbend bewegen. Dafür kuscheln sie dort in Kolonien, ehe sie erneut abtauchen. Diese Robben gehören zu den Migranten, die zehntausende Kilometer pro Jahr zurücklegen. Sie stehen in den USA unter Schutz.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Gewinner und doch Verlierer
Wandernder Albatros in der Zwickmühle: Der Klimawandel produziert stärkere Winde, somit kommt er schneller voran. Infolge der Erderwärmung findet er mehr Futter, was ihn kräftiger macht. Dadurch gestärkt, zeugt er mehr Junge – sofern sein Leben nicht als Beifang zuvor am Haken einer Fischerleine ein jähes Ende gefunden hat. Jährlich sterben weltweit grausam unter Wasser etwa 100.000 Albatrosse.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Leben mit Nomaden in der Tundra
Rentiere liefern den Menschen in der Tundra Nahrung und Kleidung. Sie ernähren sich von Flechten und Moosen. Der Klimawandel stellt jedoch eine ernsthafte Bedrohung dar. Der wenige Schnee wird schnell nass und gefriert in der Nacht. Die betonharte Eisschicht, die entsteht, ist für Hufen und Schnauze undurchdringlich. Die Tiere verhungern oder versinken im Eiswasser, über das sie einst liefen.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Kühles, trockenes, windarmes Wetter
Karibus, die nordamerikanischen Verwandten der Rentiere, wandern in großen Herden jedes Jahr bis zu 1350 Kilometer weit, so die Organisation Arctic Network Inventory and Monitoring Program. Anderen Angaben zufolge schafften die Säugetiere 4800 Kilometer. Forscher der Maryland University beobachteten, dass alle Rudel fast am gleichen Tag aufbrechen.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Überlebenskünstler vor dem Untergang?
Meeresschildkröten haben 250 Millionen Jahre auf dem Buckelpanzer, doch welche Distanzen sie schaffen, ist noch nicht erforscht. Die Paarung findet offenbar auf offenem Meer statt. Zur Eiablage paddeln die Weibchen an den Strand. Hier werden sie gejagt, und ihre Eier gestohlen. Im Wasser landen sie als ungewollter Beifang in der Falle oder verenden an Plastik, das sie für Quallen hielten.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Zugvogel mit virtuoser Stimmenvielfalt
Nachtigall-Männchen singen in verschiedensten Tönen mit großem Repertoire. Wie Minnesänger im Mittelalter geben sie vor der Brutzeit nur nachts ihr Solo zum besten, mit dem Ziel, Weibchen anzulocken. Im Herbst zieht es die Langstreckenflieger aus den Laubwäldern in die Wärme Afrikas, nördlich des Äquators. Die Aufforstung mit Nadelbäumen und Biozide in der Landwirtschaft gefährdet den Vogel.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Das lange Elend
Werbefotos für Safari-Urlaub in Afrika ohne Giraffen? Undenkbar. Doch wie Elefanten, Nashörner, Gorillas sind sie vom Aussterben bedroht. Wilderer machen Jagd auf das welthöchste Tier. Des Fleisches wegen. Und das Hirn soll, so der Aberglaube, Aids heilen. Weitere Feinde sind Löwen, Leoparden und Hyänen. Der ständigen Bedrohung ausgesetzt, gönnen sich Giraffen lediglich 30 Minuten Schlaf pro Tag.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Die Mär vom bösen Wolf
Dem fernwandernden Raubtier wurde sein Trieb, Nutztiere zu reißen, zum Verderb. Seit der politischen Wende um 1990 und der Beseitigung von Zäunen und Schussanlagen breitet sich die in Deutschland ausgestorbene Art nach Westen aus. Wegen seines schlechten Rufs und seinem Hunger auf Schafe und Ziegen steht der Wolf unter Beobachtung wie keine zweite Wildtierart. Sein größter Feind? Das Auto.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Segen für Menschen, Fluch für Tiere
Wege, Straßen, Brücken und Trassen sind von und für Menschen gebaut. Sie verbinden. Wildtiere dagegen werden durch die zersiedelten Naturflächen isoliert. Daher fordern Tierschutzorganisationen, die Anforderungen von Tieren bei Neubaumaßnahmen und Instandsetzungen der Infrastruktur zu berücksichtigen. Grüne Brücken als Korridore für die Vierbeiner können Tier und Mensch schützen.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Gejagt für seine Flossen und Fleisch
Wir wollen nicht über Schönheit streiten! Der bis zu zwölf Meter lange Riesenhai trägt sein Maul offen – auf der Suche nach Plankton, Fischen und nach acht bis 15 Grad kaltem Wasser. Unter Schutz steht er, weil er trotz seiner Größe, als Beifang beim Abfischen anderer Meerestiere im Netz landet oder gezielt gejagt wird: Seine Flossen und sein Fleisch gelten in China als Delikatesse.
-
Wandernde Tierarten kennen keine Staatsgrenzen
Wohin mit dem Weihnachtsbaum? In den Zoo.
Ja, sie lieben die Überbleibsel des Festes. Wegen des Harzes an der Rinde. Aber nur ohne Deko. Noch lieber durchstreifen Elefanten weite Landstriche. Doch weil Siedlungen und Straßen gebaut, Wälder gerodet und Äcker angelegt werden, verlieren die Dickhäuter ihre Lebensräume. Die Jagd nach den kostbaren Stoßzähnen haben darüber hinaus zu einem dramatischen Rückgang der Population geführt.
Autorin/Autor: Karin Jäger