“Ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit, bis unsere Generation von Fußballspielern auch zu Trainern auf höchstem Niveau wird”, sagt Michael Essien der DW. Der ehemalige ghanaische Nationalspieler, der eine glanzvolle Karriere von mehr als 20 Jahren unter anderem bei Olympique Lyon, dem FC Chelsea, Real Madrid und dem AC Mailand hinter sich hat, ist einer von vielen afrikanischen Fußballern, die vor kurzem ihre aktiven Karrieren beendet haben und sich in Europa nach Möglichkeiten umsehen, als Trainer zu arbeiten. Diesen Weg haben bislang nur wenige ehemalige afrikanische Stars eingeschlagen.
Essien ließ seine Karriere beim griechischen Klub Panathinaikos Athen, Persib Bandung in Indonesien und schließlich bis 2020 beim aserbaidschanischen Verein Sebail FK ausklingen. Dann führte ihn sein Weg nach Dänemark. Tom Vernon, englischer Eigentümer des dänischen Erstligisten FC Nordsjaelland, lud Essien ein, eine Rolle im Umfeld des Teams zu übernehmen und parallel eine Trainerausbildung zu beginnen. Vernon arbeitete früher bei Manchester United als Scout für Fußballtalente aus Afrika und gründete 1999 die “Right to Dream”-Academy, eine Stiftung zur Förderung junger Fußballer in der ganzen Welt. Essien nahm Vernons Angebot an und entdeckte im Norden der dänischen Insel Seeland seine Freude an der Förderung junger Spieler.
Obwohl die Chancen für afrikanische Trainer bisher eher gering sind, glaubt er, dass sich etwas entwickeln wird. “Wenn man klug genug ist, eine Leidenschaft für das Spiel hat und noch etwas in und um den Sport herum machen will, werden sich die Möglichkeiten ergeben”, sagt Essien.
Das Leben nach dem Fußball
Essien hatte mit Ghanas Team, den “Black Stars”, zwei Weltmeisterschaften gespielt. Bei der WM 2006 in Deutschland zogen die Ghanaer sogar ins Achtelfinale ein. Weltweite Bekanntheit erlangte Essien beim FC Chelsea, wo er unter Startrainer José Mourinho als zentraler Mittelfeldspieler eingesetzt wurde und mit dem Verein einmal die Champions League, zweimal die Premier League und fünfmal den FA-Cup gewann.
Michael Essien (r.) nahm mit den “Black Stars” aus Ghana an zwei Weltmeisterschaften teil
Michael Essien hätte sich auch für ein plüschigeres Leben weiter oben in der Fußball-Pyramide entscheiden können, etwa als Funktionär. Doch er wollte dem Spiel verbunden bleiben. “Was ich in meinem Leben hasse, ist die Politik. Ich glaube nicht, dass ich mich jemals auf politischer Ebene engagieren werde”, sagt Essien. “Ich mache meine Trainerscheine, weil ich es liebe, mit den Spielern auf dem Platz zu sein. Ich bleibe sehr nahe an ihnen dran, spreche mit ihnen, gebe ihnen Ratschläge und solche Dinge. Das macht mich glücklicher, als im Büro am Telefon zu sitzen und mit Leuten zu reden.”
Essien hat in diesem Jahr seine UEFA-Lizenzen für den Jugend- und den Amateurbereich erhalten. Nun arbeitet der 40-Jährige auf eine Pro-Lizenz hin, die ihm erlauben würde, Traineraufgaben in der ersten Mannschaft zu übernehmen. “Die Leute denken, dass es einfach ist, Trainer zu werden, nur weil man Profispieler auf höchstem Niveau war. Aber so einfach ist es nicht”, sagt Essien. “Deshalb lasse ich mir Zeit und gehe es Tag für Tag an.”
Utakas Traum
Einen ähnlichen Weg wie Michael Essien hat auch John Utaka eingeschlagen. Der ehemalige Nationalstürmer Nigerias war Profi bei den französischen Klubs RC Lens und Stade Rennes und ging dann nach England. 2008 gewann er mit dem FC Portsmouth den FA Cup, bevor er nach Frankreich zurückkehrte, um bei Montpellier HSC zu spielen. Dort erzielte er zwei Tore im entscheidenden Spiel, das dem Verein 2012 seinen bisher einzigen Meistertitel in der Ligue 1 bescherte.
Nach dem Karriereende gründete Utaka zunächst seine eigene Jugend-Akademie, bevor er 2020 als Assistenztrainer bei der U19 von Montpellier angestellt wurde. Wie Essien hat auch er eine UEFA-Lizenz für den Amateurfußball und strebt jetzt eine Trainerlizenz für den Profibereich an.
John Utaka war zwischen 2002 und 2018 Profi bei verschiedenen europäischen Klubs
“Wenn sich die Gelegenheit ergibt, eine Mannschaft in Europa zu trainieren, werde ich sie ergreifen”, sagt Utaka der DW. “Mein Traum ist es, als Trainer die Trophäen zu gewinnen, die ich als Spieler nicht gewinnen konnte. Es gab noch nie einen afrikanischen Trainer, der die Champions League gewonnen hat. Das ist für mich ein Ziel.”
Tag für Tag arbeitet Utaka in Montpellier mit Nachwuchsfußballern, vor allem mit Offensivspielern, denen er als früherer Topstürmer einiges beibringen kann. Das macht ihm Spaß, und er würde es gerne in einem größeren Rahmen tun, wenn die Zeit gekommen ist. “Ich denke, es geht vor allem darum, konsequent zu sein”, sagt Utaka. “Man lernt ständig dazu und investiert alles. Aber es ist ein Mannschaftssport, und man braucht auch als Trainer Leute, die einen fördern und weiterempfehlen.”
Wo bleiben die Chancen für afrikanische Trainer?
Noch sind die Erfolge afrikanischer Trainer in Europa dünn gesät. Emmanuel Egbo, einst Nationaltorhüter Nigerias, führte 2020 in Albanien den FK Tirana zum Meistertitel. Es war der erste nationale Titelgewinn für einen afrikanischen Trainer in Europa.
Andere Ex-Spieler wie der Nigerianer Sunday Oliseh, der Ivorer Kolo Toure oder der Senegalese Mbaye Leye wurden ebenfalls Cheftrainer bei europäischen Vereinen – mit unterschiedlichem Erfolg. Doch diese Gelegenheiten sind dünn gesät.
“Wenn man eine Chance bekommt, muss man sie ergreifen”, sagt John Utaka. “Wir müssen hartnäckig bleiben und dürfen die Hoffnung nicht verlieren. Wir müssen zusammenarbeiten und von anderen lernen.”
Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.