Ukraine Aktuell: Scholz will Brücken zum “anderen Russland” halten

      Das Wichtigste in Kürze:

  • Kanzler Scholz setzt auf Brücken zum “anderen Russland”
  • London und Den Haag wollen Kampfjets liefern
  • Russland bestreitet Erfolg der ukrainischen Luftabwehr

 

Mit Solidaritätsbekundungen für die von Russland angegriffene Ukraine hat das Gipfeltreffen der 46 Staaten des Europarats begonnen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich bei der Eröffnung des Gipfels am Dienstagabend in Reykjavik dafür aus, die Brücken zum “anderen Russland” jenseits der Regierung von Präsident Wladimir Putin nicht abreißen zu lassen.

Island Reykjavík | Treffen des Europarats

Mehr als 30 Staats- und Regierungschefs beraten auf dem Gipfel des Europarats in Reykjavik

Irgendwann werde Russlands Krieg gegen die Ukraine enden, sagte Scholz zum Auftakt des Spitzentreffens, zu dem mehr als 30 Staats- und Regierungschefs aus den insgesamt 46 Mitgliedsländern erwartet wurden. “Und eines ist sicher: Er wird nicht mit einem Sieg des Putin’schen Imperialismus enden.” Denn man werde die Ukraine so lange unterstützen, bis ein gerechter Frieden erreicht sei. “Bis dahin sollten wir als Europarat Brücken aufrechterhalten zu den Vertretern und Vertreterinnen eines anderen Russlands, eines anderen Belarus – und so die Perspektive einer demokratischen, friedlichen Zukunft beider Länder offenhalten – so unwahrscheinlich sie uns heute auch erscheinen mag”, sagte Scholz.

Kriegsschäden dokumentieren

Gleichzeitig verlangte er eine konsequente Ahndung russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine und eine systematische Erfassung der von Russland angerichteten Kriegsschäden. Der Europarat könne dabei eine wichtige Rolle spielen.

Der Europarat war 1949 als Hüter von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat in Europa gegründet worden und ist von der EU unabhängig. Russland war nach der russischen Invasion in der Ukraine ausgeschlossen worden, Belarus ist bei dem Gipfel nur noch als Beobachter vertreten. Es ist erst das vierte Gipfeltreffen des Europarats in seiner mehr als 70-jährigen Geschichte.

Am Mittwoch soll bei dem Gipfel ein Register für die Erfassung der Kriegsschäden in der Ukraine ins Leben gerufen werden. Scholz sicherte der Ukraine zu, den Beitritt zur Europäischen Union mit voranbringen zu wollen. Das gelte aber auch für die Staaten des westlichen Balkans, für Moldau und perspektivisch auch für Georgien. Auch dabei könne der Europarat, dem die Ukraine angehört, hilfreich sein. Die Institution sei heute wohl so wichtig wie noch nie zuvor, sagte er mit Blick auf die Zeitenwende im Zuge des Ukraine-Kriegs.

Selenskyj dankt den Unterstützern seines Landes

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich per Videoschalte bei seinen Unterstützern und betonte den europäischen Zusammenhalt. “Russland bemüht sich sehr, seine Fähigkeit zu töten, zu verbessern. Wir bemühen uns sehr, den Schutz unserer Bevölkerung zu verbessern. Und ich danke allen Ländern und Führern, die uns dabei helfen, unsere Luftverteidigung insgesamt zu verbessern. Wir zeigen, was unsere 100 Prozent bedeuten und was die Macht der freien Welt bedeutet”, sagte Selenskyj.

Er ergänzte: “Wir sind Europäer, also schätzen wir den Frieden, wir sind Europäer, also handeln wir mit 100 Prozent unserer Kräfte, wenn es darum geht, unsere Lebensweise zu schützen”.

London und Den Haag wollen Kampfjets liefern

Großbritannien und die Niederlande bekundeten unterdessen, sie wollten eine “internationale Koalition” schmieden, um die Ukraine mit Kampfflugzeugen zu beliefern. Der britische Premierminister Rishi Sunak und der niederländische Regierungschef Mark Rutte hätten sich am Rande des Gipfeltreffen des Europarats in Islands Hauptstadt Reykjavik auf ein solches Vorgehen verständigt, teilte ein Sprecher der britischen Regierung mit. Die Ukraine solle F-16-Kampfflugzeuge erhalten und auch bei der Ausbildung unterstützt werden.

Großbritannien Aylesbury | Premierminister Rishi Sunak & Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine

Herzliche Umarmung: der britische Premier Sunak und der ukrainische Präsident Selenskyj

Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte in den vergangenen Tagen bei Besuchen in Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien um umfangreiche neue Militärhilfe und um Unterstützung beim Aufbau einer “Kampfjet-Koalition” geworben. Nach einem Treffen mit Sunak am Montag hatte sich Selenskyj diesbezüglich bereits optimistisch gezeigt.

Dementi aus Moskau

Unterdessen hat Russland Angaben der Ukraine zum Abschuss moderner russischer Hyperschallraketen dementiert. Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, Russland habe gar nicht so viele Hyperschallraketen abgefeuert wie der ukrainischen Regierung zufolge in der Nacht zuvor abgefangen worden sein sollen.

Russische Hyperschallraketen Kh-47M2

Ein russischer Kampfjet mit einer Hyperschallrakete vom Typ Kinschal

Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hatte erklärt, bei erneuten russischen Luftangriffen auf Kiew seien sechs russische Hyperschallraketen vom Typ Kinschal abgefangen worden. “Ein weiterer unglaublicher Erfolg für die ukrainischen Luftstreitkräfte”, hatte Resnikow im Onlinedienst Twitter geschrieben.

Vergangene Woche hatte die Ukraine erstmals den Abschuss einer russischen Kinschal-Hyperschallrakete gemeldet. Der ukrainischen Luftwaffe zufolge war sie mit einem Patriot-Abwehrsystem abgefangen worden.

haz/bru (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.