Ukraine aktuell: Putin empfängt Wang und lobt russisch-chinesische Beziehungen

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Putin: Russisch-chinesische Beziehungen stabilisieren internationale Lage
  • Spanien liefert zunächst keine Leopard-Panzer des neueren Typs
  • BND-Chef Kahl sieht Mobilisierungspotenzial von einer Million Russen
  • US-Präsident Biden setzt Besuch in Polen fort
  • IWF-Chefin Georgieva begrüßt ukrainische Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung

 

Russlands Präsident Wladimir Putin hat bei einem Treffen mit dem leitenden chinesischen Außenpolitiker Wang Yi in Moskau die engen Beziehungen beider Länder als derzeit besonders wichtig gelobt. “Die internationalen Beziehungen sind heute kompliziert”, zitiert ihn die russische Staatsagentur Tass zum Auftakt des Treffens. “In diesem Zusammenhang hat die Zusammenarbeit (…) zwischen China und Russland eine große Bedeutung für die Stabilisierung der internationalen Lage.”

Der russische Präsident empfängt nur selten ausländische Amtsträger, die keine Staatsoberhäupter sind. Der Empfang unterstreicht somit die Bedeutung, die der Kreml den Beziehungen zu Peking beimisst. Putin erneuerte auch seine Einladung an Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zu einem Staatsbesuch in Moskau. Wang Yi sagte den russischen Berichten zufolge, China sei bereit, sowohl die politische als auch die strategische Kooperation zu vertiefen. Die russisch-chinesischen Beziehungen entwickelten sich ungeachtet des Drucks der Weltgemeinschaft stabil.

Zunächst keine offiziellen Mitteilung gab es zu der Friedensinitiative, die China für die vor einem Jahr von Russland angegriffene Ukraine angekündigt hatte. Tass hatte gemeldet, Wang Yi wolle sich in Moskau dazu mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow austauschen. Mit Lawrow war Wang Yi vor dem Treffen mit Putin zusammengekommen. Dabei hatten beide die Zusammenarbeit Pekings und Moskaus gelobt. 

Der chinesische Außenpolitiker Wang Li und Russlands Außenminister Sergej Lawrow in Moskau

Viele schöne Worte: Der chinesische Außenpolitiker Wang Li und Russlands Außenminister Sergej Lawrow in Moskau

China gilt als enger Verbündeter Russlands. Zugleich hat Peking sich bislang weitgehend an die internationalen Sanktionen gegen Russland gehalten, um nicht selber zum Ziel von Strafmaßnahmen zu werden. Die USA haben die Volksrepublik vor einer militärischen Unterstützung Russlands gewarnt.

Spanien liefert zunächst keine Leopard-Panzer des neueren Typs

Spanien will der Ukraine zunächst nur sechs Leopard-Panzer des älteren Typs 2A4 zur Verfügung stellen. Das kündigte Verteidigungsministerin Margarita Robles im Parlament in Madrid an. “Falls es notwendig werden sollte”, könne ihr Land auch noch mehr Panzer dieses Typs liefern. Es handele sich um Fahrzeuge, die seit 2012 eingemottet seien und erst generalüberholt werden müssten. Spanien verfügt über insgesamt 347 Leopard-Panzer. Davon gehören 108 zur älteren Variante 2A4 und 239 zum neueren Typ 2A6.Von diesen neueren, kampfstärkeren Panzern will Spanien aber bisher keine an die Ukraine abgeben. Sie würden für die eigene Landesverteidigung gebraucht, sagte Robles.

Bisher haben nur Deutschland 14 und Portugal drei Leopard 2A6 für die Ukraine zugesagt. Für das komplette ukrainische Panzerbataillon aus 31 Fahrzeugen dieses neueren Typs, für das Deutschland die Federführung übernommen hat, fehlen damit immer noch 14 Panzer. Vergangene Woche waren 55 Ukrainer in Spanien eingetroffen, um im Schnellverfahren als Besatzungsmitglieder und Techniker an Leopard-Kampfpanzern ausgebildet zu werden. Spanien gehört zu den NATO-Ländern, die sich grundsätzlich bereit erklärt haben, der Ukraine Leopard zur Verfügung zu stellen.

BND-Chef sieht Mobilisierungspotenzial von einer Million Russen

Russland könnte in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Ansicht des Bundesnachrichtendienstes (BND) noch bis zu einer Million weiterer Soldaten mobilisieren. “Im letzten Herbst wurden um die 300.000 Menschen mobilisiert und rekrutiert, die werden zum Teil noch ausgebildet, zum Teil sind sie schon ins Gefecht eingeführt”, sagte BND-Chef Bruno Kahl den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. “Das weitere Mobilisierungspotenzial Russlands ist ein Reservoir von bis zu einer Million Männern, wenn das als nötig erachtet wird im Kreml.”

BND-Präsident Bruno Kahl

BND-Präsident Bruno Kahl sieht bei Kremlchef Wladimir Putin keine Bereitschaft zum Frieden

Auch jetzt noch sei die Verteidigung des Landes durch die ukrainische Armee gegen zahlenmäßig stark überlegene Russen noch sehr wirksam, sagte der BND-Chef. “Aber das ist auf Dauer eine schwierige Auseinandersetzung, die auf Seiten der Ukrainer nur dann erfolgreich sein wird, wenn die Unterstützung des Westens wirklich sehr nachhaltig ist.”

Ein Jahr nach Beginn des Krieges sieht Kahl bei Kreml-Chef Wladimir Putin keinerlei Verhandlungsbereitschaft. “Im Moment geht es ihm darum, auf dem Schlachtfeld die Entscheidung zu suchen und so viele Vorteile wie möglich dort zu realisieren – um dann irgendwann vielleicht einen Frieden zu seinen Bedingungen zu diktieren.”

Selenskyj lobt Durchhaltevermögen der ukrainischen Armee

Die ukrainischen Streitkräfte halten laut Präsident Wolodymyr Selenskyj dem Druck russischer Vorstöße stand. “Die Frontlinie ist unverändert”, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Nach seiner Darstellung erleiden die russischen Truppen “erschütternde Verluste” bei ihren Angriffen in den Regionen Donezk und Luhansk.

Raketenüberreste in Donezk

Raketenüberreste in Donezk

Kurz zuvor hatte der ukrainische Generalstab von einer relativ stabilen Lage an den verschiedenen Frontabschnitten des Landes berichtet. Die Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Eine russische Stellungnahme liegt nicht vor.

US-Präsident Biden setzt Besuch in Polen fort

Am zweiten Tag seines Polen-Besuches trifft US-Präsident Joe Biden Vertreter mehrerer osteuropäischer NATO-Staaten in Warschau. Zu der Gruppe im “Bukarest 9”-Format gehören Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei sowie die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen – also die Staaten entlang der NATO-Ostflanke. Zu den Beratungen wird auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erwartet. Hintergrund von Bidens Besuch und den Beratungen ist der nahende erste Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine.

US-Präsident Joe Biden bei seiner Rede am Warschauer Königsschloss

US-Präsident Joe Biden bei seiner Rede am Warschauer Königsschloss

Bei einer Rede in Warschau hatte Biden mit Blick auf den Jahrestag des Kriegsbeginns die Einheit des Westens und der NATO beschworen. Zugleich warnte er Russland vor einem Angriff auf NATO-Gebiet. In Richtung des russischen Staatschefs Wladimir Putin, der wenige Stunden zuvor eine Rede zur Lage der Nation gehalten hatte, sagte Biden, Russland werde in der Ukraine niemals siegen. Er forderte den Kremlchef auf, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden.

Streit um Kontrolle von Kraftwerk Saporischschja

Russland wirft der UN-Sicherheitsbehörde vor, den geplanten Wechsel von Vertretern der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in dem von Russland besetzten AKW Saporischschja zu behindern. Zwischen dem 7. und 18. Februar habe die UN-Sicherheitsbehörde drei Mal die Rotation der Expertenteams gestoppt, teilt das Außenministerium in Moskau mit. Die UN-Behörde habe dabei auf Zweifel an den vom russischen Verteidigungsministerium vorgeschlagenen Strecken für An- und Abfahrt der IAEA-Vertreter verwiesen.

Ukraine Krieg | Atomkraftwerk Saporischschja

Das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine

Darüber sei Russland sehr besorgt, stehe aber bereit, die Personalrotation vor Ende Februar zu unterstützen. Sollte der Teamwechsel dann jedoch nicht vollzogen werden, werde Russland das Vorgehen als zielgerichteten Versuch werten, die Arbeit der IAEA-Vertreter absichtlich zu behindern. Saporischschja, Europas größtes Atomkraftwerk, liegt in der Nähe des Frontverlaufs. Wiederholter Beschuss der Anlage hatte die Furcht vor einem Atomunfall geschürt. Seit September sind IAEA-Experten vor Ort. Die IAEA ist ebenfalls eine UN-Behörde. 

Heusgen kritisiert Russlands Aussetzung von “New Start”-Abkommen

Die Ankündigung von Präsident Wladimir Putin, die russische Teilnahme am atomaren Abrüstungsvertrag “New Start” mit den USA auszusetzen, hat im Westen Kritik ausgelöst. Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, kritisierte die Entscheidung. “Nach dem Völkerrechtsbruch, den er mit seinem Überfall auf die Ukraine begangen hat, verabschiedet sich Putin weiter konsequent aus der internationalen regelbasierten Ordnung”, sagt der außenpolitische Berater von Ex-Kanzlerin Angela Merkel den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Putin setze “das Recht des Stärkeren über die Stärke des Rechts”. Nun sei es wichtig, “dass die Internationale Staatengemeinschaft dagegenhält”.

Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Christoph Heusgen

Christoph Heusgen, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz

US-Außenminister Antony Blinken hatte die Entscheidung Moskaus zuvor enttäuschend und unverantwortlich genannt. Die USA würden in jedem Fall dafür sorgen, dass die eigene Sicherheit und die der Verbündeten gewährleistet sei. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg appellierte an Putin, die Entscheidung zu überdenken. Ungeachtet der angekündigten Aussetzung des letzten großen Abrüstungsvertrages mit den USA will Russland eigenen Angaben zufolge weiter die dort festgeschriebene Obergrenze für Atomwaffen einhalten. Experten zufolge verfügt Russland mit fast 6000 Sprengköpfen über das größte Atomwaffenarsenal der Welt. Zusammen besitzen Russland und die USA rund 90 Prozent der weltweiten Atomsprengköpfe.

IWF-Chefin begrüßt ukrainische Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, hat Kiews Bemühungen bei der Bekämpfung der Korruption im Land gelobt. Die ukrainischen Behörden seien “sehr offen bezüglich der Korruptionsprobleme und sehr entschlossen, sie zu bekämpfen”, sagte Georgieva nach einem Besuch in Kiew. Sie sei optimistisch, dass die Ukraine Fortschritte bei dem Thema machen werde, obwohl ein Krieg eine “Brutstätte für Korruption” sei, fügte Georgieva hinzu. Es gebe von ukrainischer Seite keine Versuche, das Problem “schönzureden”. Dennoch müssten die Anti-Korruptions-Strukturen in der Ukraine “weiter verbessert” werden.

Präsident Wolodymyr Selenskyj mit IWF-Chefin Kristalina Georgieva in Kiew

Präsident Wolodymyr Selenskyj mit IWF-Chefin Kristalina Georgieva am Montag in Kiew

In der Ukraine waren in den vergangenen Monaten eine Reihe von Korruptionsskandalen ans Licht gekommen. Die EU hat Anti-Korruptions-Reformen zu einer Vorbedingung für die weitere europäische Integration der Ukraine gemacht.

ww/rb/sti/haz/qu/gri (AFP, AP, dpa, epd, KNA, Reuters)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.