Thomas Müller soll in dieser Saison kein Länderspiel mehr bestreiten, und Manuel Neuer muss nach seiner erhofften Rückkehr um den Posten als Nummer eins im deutschen Tor kämpfen. Kurz vor Nominierung des Kaders der Nationalmannschaft für die ersten Testpartien nach dem vorzeitigen WM-Aus in Katar hat Bundestrainer Hansi Flick Details aus seiner Personalplanung auf dem Weg zur Europameisterschaft 2024 geteilt. Auch prominente Bayern-Spieler müssen sich beim Neuaufbau Richtung Heimturnier beim Bundestrainer erst wieder beweisen.
Flick: „Chance für Jüngere“
„Thomas Müller wird bei den nächsten beiden Maßnahmen nicht dabei sein. Das ist mit ihm besprochen, ich möchte jüngeren Spielern bei der Nationalmannschaft eine Chance geben“, sagte Flick in einem Interview dem „Kicker“. Im März und Juni wird Müller also im Aufgebot fehlen. Frühestens im September wird der Weltmeister von 2014 kurz vor seinem 34. Geburtstag demnach in den DFB-Kreis zurückkehren, sofern Flick dann Bedarf sieht.
Die Absprache bedeute aber nicht, „dass seine DFB-Karriere beendet ist und er für die EM keine Rolle spielt. Warum sollte ich so einem Spieler für immer die Tür zumachen?“, sagte Flick in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“.
Auch Neuer und Gündogan müssen sich beweisen
Diese Turnierperspektive gelte in gleicher Weise für Routinier Ilkay Gündogan von Manchester City. Und auch der derzeit verletzte DFB-Kapitän Manuel Neuer bekommt keinen Freifahrtschein. Nach einem noch ausstehenden Comeback nach seinem Beinbruch muss sich der Bayern-Schlussmann, der Ende des Monats seinen 37. Geburtstag feiert, dem Konkurrenzdruck stellen.
Statt Manuel Neuer (l.) steht vorerst Marc-André ter Stegen (r.) im DFB-Tor
„Der Leistungsgedanke steht im Vordergrund. Es ist nichts in Stein gemeißelt – Manu weiß das“, sagte Flick. Von einer Rückkehr Neuers geht der Bundestrainer aber aus. „Ich bin überzeugt davon, dass er an seine Leistungsgrenze kommt, wenn er wieder zu hundert Prozent fit wird“, betonte Flick. Fraglich ist allerdings noch, ob Neuer beim FC Bayern überhaupt wieder Nummer eins wird. Die Münchener hatten aufgrund seiner Verletzung Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach verpflichtet. Zudem kehrt mit Alexander Nübel, der an die AS Monaco ausgeliehen ist, ein weiterer potentieller Stammtorhüter im Sommer nach München zurück.
Gegen Peru in Mainz am 25. März und drei Tage später in Köln gegen Belgien wurde Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona von Flick als Neuer-Vertreter benannt. Kevin Trapp von Eintracht Frankfurt rückt in die Rolle des Herausforderers. Sein genaues Aufgebot für die beiden Spiele benennt Flick am Freitag.
asz/ack(dpa, SID)
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Sepp Herberger (1950 – 1964)
Sepp Herberger ist schon in der Nazi-Zeit sechs Jahre lang Trainer der Nationalmannschaft. Fünf Jahre nach Kriegsende wird er erster Bundestrainer. Seine Mannschaft um Kapitän Fritz Walter gewinnt 1954 überraschend die Weltmeisterschaft – das „Wunder von Bern“. An diesen Erfolg kann Herberger, der „Chef“, der der Welt viele Fußball-Weisheiten hinterlässt, später aber nicht mehr anknüpfen.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Helmut Schön (1964 – 1978)
Herberger übergibt das Amt an seinen langjährigen Assistenten. Schön (r.) führt anders als sein Vorgänger: Die Spieler werden einbezogen und dürfen mitbestimmen. Sie danken es ihm durch gute Ergebnisse. Deutschland wird 1966 Vize-Weltmeister, 1972 Europameister, 1974 Weltmeister (Foto) und 1976 Vize-Europameister. „Der Mann mit der Mütze“ ist der einzige Bundestrainer, der WM und EM gewinnen kann.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Jupp Derwall (1978 – 1984)
Nach der Ära Schön, die nach der WM 1978 endet, wird erneut der vorherige Assistent als Chef installiert. Jupp Derwall startet mit 23 Spielen ohne Niederlage und gewinnt gleich sein erstes Turnier, die EM 1980. Bei der WM 1982 kommt er mit dem DFB-Team ins Finale. Doch als sich nach dem Vorrunden-Aus bei der EM 1984 die Boulevardpresse auf ihn stürzt, tritt „Häuptling Silberlocke“ entnervt zurück.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Franz Beckenbauer (1984 – 1990)
Es übernimmt Boulevard-Liebling Franz Beckenbauer – allerdings als Teamchef, weil er keine Trainerlizenz besitzt. Bundestrainer unter dem „Kaiser“ sind zunächst Horst Köppel, später Holger Osieck. Beckenbauer erreicht 1986 in Mexiko das WM-Finale, enttäuscht 1988 bei der Heim-EM mit dem Halbfinal-K.o. gegen die Niederlande – und krönt seine Amtszeit schließlich mit dem Weltmeister-Titel 1990.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Berti Vogts (1990 – 1998)
Der Ex-Gladbacher bekommt ein schweres Erbe mit: „Deutschland wird auf Jahre unschlagbar sein“, prophezeit Vorgänger Beckenbauer. Vogts muss einen Mix aus BRD- und DDR-Spielern finden. Nach dem EM-Finale 1992 (1:2 gegen Dänemark) enttäuscht das Team mit dem Viertelfinal-Aus gegen Bulgarien bei der WM 1994. Der EM-Titel 1996 versöhnt die Fans. Die WM 1998 endet wieder zu früh – und Vogts hört auf.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Erich Ribbeck (1998 – 2000)
Bin ich Bundestrainer oder du? Die Verpflichtung von Erich Ribbeck (l.) verläuft holprig. Der DFB kann sich nicht entscheiden. Erst wird Paul Breitner ausgewählt, die Idee aber schnell wieder verworfen. Der spätere Co-Trainer Uli Stielike (r.) sagt zu und ist dann überrascht, dass nicht er Bundestrainer ist, sondern Ribbeck. Erfolgreich ist die kurze Ära auch nicht: Vorrunden-Aus bei der EM 2000.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Rudi Völler (2000 – 2004)
Nach Ribbeck geht das Chaos weiter: Christoph Daum soll Bundestrainer werden, stolpert aber über eine Kokain-Affäre. Rudi Völler springt als Teamchef ein – Bundestrainer ist Michael Skibbe – und führt das DFB-Team 2002 ins WM-Finale. „Es gibt nur ein’n Rudi Völler“, singen die Fans. Fußballerisch ist das DFB-Team nicht brillant. Nach dem frühen EM-Aus 2004 stellt Völler sein Amt zur Verfügung.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Jürgen Klinsmann (2004 – 2006)
Danach weht ein frischer Wind. Jürgen Klinsmann sorgt für Aufbruchstimmung: junge Spieler, rote Trikots, mutiger Fußball. Die Mannschaft überzeugt beim Confed-Cup 2005 und schreibt ein Jahr später mit Platz drei bei der Heim-Weltmeisterschaft das „Sommermärchen“. Deutschland feiert sein Team – das hat es lange nicht gegeben. Doch im Moment des Erfolgs tritt Klinsmann auch schon wieder ab.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Joachim Löw (2006 – 2021)
Klinsmann-Nachfolger Joachim Löw führt den gemeinsamen Stil fort und feiert Achtungserfolge: EM-Finale 2008, WM-Dritter 2010. Allerdings steht Löw nach dem Halbfinal-Aus bei der EM 2012 gegen Italien in der Kritik und auf der Kippe. Löw bleibt und wird 2014 in Brasilien Weltmeister. Nach dem WM-Vorrunden-Aus 2018 in Russland wird es erneut eng. Vor der EM 2021 kündigt Löw seinen Rücktritt an.
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Von Herberger bis Flick – Deutschlands Bundestrainer
Hansi Flick (2021 – )
Im Mai 2021 wird Hansi Flick Nachfolge Löws, mit dem er 2014 als Co-Trainer in Brasilien Weltmeister wird. Flicks Vertrag beginnt nach der EM 2020 und läuft bis zur Heim-EM 2024. Doch sein erstes großes Turnier, die WM in Katar, ist bereits nach der Vorrunde beendet. Dennoch spricht die DFB-Spitze dem einstigen Erfolgstrainer des FC Bayern (sieben Titel in 19 Monaten) weiter das Vertrauen aus.
Autorin/Autor: Andreas Sten-Ziemons