Deutschland und Indien wollen Wirtschaftskooperation ausbauen

Bundeskanzler Olaf Scholz und der indische Ministerpräsident Narendra Modi wollen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern deutlich ausbauen. Man werde die Kooperation auch im Verteidigungsbereich stärken, sagte Modi nach einem Treffen in Neu Delhi, ohne Details zu nennen. Die Investitionen der deutschen Firmen im Land sollten erhöht werden, sagte Scholz. Zudem setzten sich beide Regierungschefs für den Abschluss eines EU-Indien-Freihandelsabkommens ein.

Die nächste Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft werde 2024 in Indien stattfinden. Der Kanzler warb zugleich um die Anwerbung von IT-Experten aus Indien für eine Arbeit in Deutschland. Auch im Bereich Forschung und Entwicklung wollen beide Länder enger zusammenarbeiten. 

Scholz wird auf seiner zweitägigen Reise nach Neu Delhi und Bangalore von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet. Neben Energiethemen wird es auch um eine engere Rüstungskooperation mit Indien gehen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters will der Kanzler ein milliardenschweres U-Boot-Geschäft voranbringen. Indien möchte sechs konventionelle U-Boote im Wert von 4,9 Milliarden Euro kaufen. Als Hersteller ist ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) im Gespräch. 

1800 deutsche Unternehmen in Indien

Indien ist inzwischen die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt und ein begehrter Handels- und Investitionspartner. 1800 deutsche Unternehmen sind dort bereits tätig, unter anderem wird Scholz am Sonntag in der Hightech-Metropole Bengaluru – dem südindischen Silicon Valley – einen Standort des Softwarekonzerns SAP besuchen.

Scholz sieht Potenzial für eine verstärkte Zusammenarbeit auch bei erneuerbaren Energien, Wasserstoff, Mobilität, der Pharmaindustrie und der Digitalwirtschaft. Indien ist nach China und den USA der drittgrößte Produzent klimaschädlicher Treibhausgase, hinkt beim Klimaschutz aber hinterher.

Unterzeichnet wurden in Neu Delhi vier Absichtserklärungen. Dazu gehören ein Rahmenplan für gemeinsame Vorhaben im Bereich Innovation und Technologie, ein Pilotprojekt zum Austausch von Solarexperten, die Schaffung eines Wasserstoff-Forschungsinstituts im indischen Pune mit Beteiligung der Fraunhofer-Gesellschaft sowie die Ausweitung der bereits bestehenden Produktion von Wasserstoff-Brennstoffzellen durch das deutsche Unternehmen SFC Energy – mit einem neuen Produktionsstandort in Gurgaon.

Keine Erklärung zum Ukraine-Krieg geplant

Politisch sind die Beziehungen hingegen nicht einfach: Indien ist bei Rüstung und Energielieferungen stark von Russland abhängig und hat den Angriffskrieg in der Ukraine bisher nicht verurteilt. Mit einer grundlegenden Änderung der indischen Position zu Russland rechnet die Bundesregierung auch durch Scholz’ Besuch nicht; eine gemeinsame Erklärung zum Ukraine-Krieg ist nicht geplant.

Modi erklärte nach dem Treffen mit Scholz, Indien stehe mit Blick auf den Krieg bereit, “einen Beitrag zu jeglichen Friedensbemühungen zu leisten”. Seine Regierung habe seit Kriegsbeginn zu einer Lösung durch Dialog und Diplomatie aufgerufen. Scholz forderte seinerseits von Neu Delhi eine klare Haltung zum russischen Angriffskrieg. Dieser sei auch “vor allem eine große Katastrophe”, weil Russland den internationalen Grundsatz verletzt habe, “dass man nicht mit Gewalt Grenzen verschiebt”. Revisionismus dürfe nicht die Grundlage des Handelns von Staaten sein, betonte der Kanzler. 

sti/se (afp, dpa, rtr)