Chlamydien-Impfung für Koalas

Unter Menschen sind Chlamydien laut der Pan American Health Organization die am häufigsten vorkommende Geschlechtskrankheit. Wenn sie unbehandelt bleibt, kann die Krankheit zu ernsthaften Konsequenzen wie Unfruchtbarkeit oder ektopischen Schwangerschaften führen, bei denen eine befruchtete Eizelle außerhalb der Gebärmutter heranwächst. Aber unkomplizierte Fälle sind normalerweise innerhalb weniger Tage oder Wochen mit Antibiotika heilbar.

Nochmal: Das gilt für Menschen. Aber wir sind nicht die einzigen, die sich mit Chlamydien herumschlagen müssen.

Der Koala, eines der Wahrzeichen Australiens, kann sich ebenfalls mit Chlamydien anstecken, wenn er in Kontakt mit den Ausscheidungen von infizierten Schafen oder Rindern kommt. Die Geschlechtskrankheit wird dann von der Mutter zum Kind übertragen oder bei der Paarung zweier Tiere weitergegeben. Haben die Beuteltiere erst einmal Chlamydien, geht es ihnen damit im Normalfall sehr viel schlechter als Menschen.

“Die Krankheit tötet Koalas, weil sie so krank werden, dass sie nicht mehr auf Bäume klettern können, um an Fressen zu kommen oder um Raubtieren zu entkommen. Und weibliche Tiere können unfruchtbar werden”, sagte Samuel Phillips, Mikrobiologe an der University of the Sunshine Coast in Queensland, Australien, der Nachrichtenagentur AP.

Ein Koala mit nur einem Auge klettert einen Baum hoch

Koala Ernie musste nach einer Chlamydien Infektion ein Auge entfernt werden. Im Juli 2020 wurde er wieder in die Wildnis entlassen.

Sterbende Koalas sind schon schlimm genug. Aber für die immer kleiner werdende Anzahl an Tieren – die Australische Koala Stiftung schätzte 2022, dass nur noch weniger als 58,000 Koalas in freier Wildbahn leben – ist Unfruchtbarkeit ein genau so großes Problem.

Deswegen haben australische Forschende nun eine Impfkampagne gegen Chlamydien unter Koalas im Bundesstaat New South Wales gestartet. Ziel ist es, herauszufinden, ob der speziell entwickelte Koala-Impfstoff, von dem nur eine Dosis nötig ist, die Tiere vor der gefährlichen Krankheit schützt. Neben Unfruchtbarkeit und Tod können Chlamydien bei Koalas auch zur Erblindung führen.  

Ein sicherer Impfstoff für die Koalas

Ein Forschungsteam will die Hälfte der Koalas in der Northern Rivers Region in New South Wales impfen – das sind etwa 50 Tiere. Der Impfstoff kam bereits bei ein paar hundert Koalas zum Einsatz, die zuvor in Wildtier-Rettungsstationen abgegeben wurden. Die Forschenden wissen also, dass der Impfstoff effektiv ist und den Tieren nicht schadet. Sie können aber noch nicht genau sagen, wie viele Koalas geimpft sein müssen, damit eine Gruppenimmunität entsteht.

“Wir wollen herausfinden, wie viel Prozent der Koalas wir impfen müssen, um Ansteckung und Krankheit signifikant zu reduzieren”, sagte Phillips.  

Koalas für die Impfung einfangen

Dafür müssen die Forschenden ihre Objekte aber erst einmal einfangen. Das mag zunächst nicht allzu schwer klingen. Wer jemals einen Koala gesehen hat, weiß, dass er nicht zu den agilsten Tieren gehört. Koalas entwischen den Forschenden nicht in einem Affenzahn – aber sie verbringen die meiste Zeit hoch oben in Eukalyptusbäumen.

Also halten die Forschenden dort nach den Koalas Ausschau. Sobald sie ein Tier entdeckt haben, bauen sie rund um den Baum ein Gitter auf, mit einer Tür, die zu einem Käfig führt. Und dann ist Geduld gefragt.

Eine Koala Mutter und ihr Junges sitzen in einem Eukalyptus Baum

Ganz weit oben: Eine Koala-Mutter mit ihrem Jungen

Nach einigen Stunden, oder manchmal auch Tagen, klettert der Koala den Baum hinunter und läuft in den Käfig. Dann wird er in ein Wildtier-Krankenhaus gebracht, wo er betäubt, geimpft und danach für 24 Stunden unter Beobachtung gehalten wird.

Schließlich versehen die Forschenden den geimpften Koala noch mit einer pinkfarbenen Markierung auf dem Rücken, damit sie dasselbe Tier nicht zweimal einfangen.  

Koalas: Stark gefährdet seit 2022

Eine Impfkampagne wie diese in einer wilden Population ist eine absolute Seltenheit. Es ist nicht nur schwer, die Tiere einzufangen. Bei der Aktion können die Tiere außerdem verletzt werden oder durch den Stress zu Schaden kommen. In diesem Falle waren die Forschenden aber bereit, das Risiko einzugehen. Schließlich ist die Situation der Koalas dramatisch.

Laut wissenschaftlichen Schätzungen hat rund die Hälfte aller wilden Koalas in Queensland, einem Bundesstaat an der Ostküste Australiens, bereits Chlamydien. Und im Februar 2022 stufte die australische Regierung Koalas als stark gefährdet ein.

Die Verschärfung, von gefährdet zu stark gefährdet, gilt für die Koalas in Queensland, New South Wales und dem Australian Capital Territory rund um die Hauptstadt Canberra.

Mann mit einer Koala Rescue Jacke geht durch einen verbrannten Wald

Immer schlimmere Waldbrände gefährden den Lebensraum der Koalas in Australien

“Lange Dürre, gefolgt von Waldbränden im Sommer sowie Krankheit, Urbanisierung und Verlust des Lebensraums innerhalb der vergangen zwanzig Jahre” haben zu der Entscheidung geführt, Koalas als stark gefährdete Spezies einzustufen, sagte die damalige australische Umweltministerin Sussan Ley 2022.

Stress erhöht das Chlamydien-Risiko

All diese Bedrohungen machen die Koalas noch empfänglicher für Chlamydien, weshalb die Impfung so wichtig ist, sagen Experten. Denn: Faktoren wie Buschfeuer und Lebensraum-Verlust stressen die Tiere. Das schwächt ihr Immunsystem, was wiederum dazu führt, dass sie sich eher mit Krankheiten anstecken. 

Die Impfkampagne in New South Wales ist in vollem Gange. Der erste geimpfte Koala wurde am 9. März wieder in die Wildnis entlassen und die Forschenden planen, die Hälfte aller Koalas in der Region innerhalb von drei Monaten zu impfen.