Bahn stellt Fernverkehr wegen Warnstreiks für 50 Stunden komplett ein

Die Deutsche Bahn stellt wegen eines Warnstreiks ab Sonntagabend den gesamten Fernverkehr für rund zwei Tage vollständig ein. Von Sonntagabend um 22.00 Uhr bis Dienstagnacht um 24.00 Uhr blieben sämtliche ICE- und IC-Züge in den Depots, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Auch im Regionalverkehr werde “während des Streiks größtenteils kein Zug fahren”. Zuvor hatte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im laufenden Tarifstreit mit der Deutschen Bahn in diesem Zeitraum einen flächendeckenden 50-stündigen Warnstreik im Fern-, Regional- und Güterverkehr angekündigt. “Dieser irrsinnige Streik ist völlig grundlos und restlos überzogen”, erklärte Personalvorstand Martin Seiler am Donnerstag. Statt Kompromisse zu suchen, wolle die EVG das Land “unglaubliche 50 Stunden lahmlegen”. Das sei ein Vollstreik ohne Urabstimmung und Millionen Reisende seien davon betroffen.

“Alle Fahrgäste, die ihre für den 14. bis 16. Mai geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können ihr bis einschließlich 11. Mai gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich Sonntagabend flexibel nutzen”, teilte die Bahn weiter mit. Seiler hatte zuvor betont, dass zumindest bis zum Warnstreikbeginn am Sonntagabend der Bahnverkehr weitgehend reibungslos aufrecht erhalten werden kann. “Den Sonntag würde ich, nachdem was ich jetzt weiß, durchaus als verkehrssicher ansehen wollen”, sagte er in Köln. Gleichzeitig will der Bahn-Vorstand den Streik noch abwneden. Die Bahn sei “ab sofort bereit” für Gespräche, auch am Wochenende, so Seiler weiter. “An uns soll es nicht scheitern.”

Auswirkungen auch auf den Güterverkehr

Erst von Sonntagabend an geht die Bahn von «massiven Auswirkungen» auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb aus. “Es muss außerdem mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden”, hieß es. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz.

Ab Sonntagabend das beherrschende Bild auf den Anzeigetafeln: Zug fällt heute aus

Ab Sonntagabend das beherrschende Bild auf den Anzeigetafeln: “Zug fällt heute aus”

“Wir müssen in dieser Länge streiken, weil wir dann einfach auch stärkere wirtschaftliche Auswirkungen haben und dadurch den Druck erhöhen können”, sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Donnerstag in Köln. Insbesondere im Güterverkehr würden lange Staus entstehen, die den wirtschaftlichen Druck erhöhten. Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar.

Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, sorgte aber ebenfalls für viele Ausfälle vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.

Die ökonomischen Folgen des Streiks in der aktuellen Tarifauseinandersetzung halten sich Experten zufolge in Grenzen. “Bahnstreiks strapazieren die Nerven der vielen Reisenden und sind insofern ein Ärgernis”, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. “Die Häufung der Streiks kratzt auch am Image des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der eigentlich für ein gutes Verhältnis zwischen Unternehmen und Gewerkschaften bekannt ist.” Aber solange der Bahnstreik auf zwei, drei Tage beschränkt bleibe, hielten sich die wirtschaftlichen Folgen für die anderen Unternehmen in Grenzen – zumal die meisten Güter heutzutage auf der Straße transportiert würden.

hb/iw (dpa,afp,rtr)